Licht in uns, singt Benne.
"Yellow" und "lights will guide you home" singen Coldplay.
Außerdem Everglow. Lichtlichtlicht. Überall. Hör dich um in Liedern. Schau dich um, in der Adventszeit, die ansteht.
Licht. Überall Licht.
Ich habe eine Zeit lang in New York City gelebt, genauer in Brooklyn und in ein zwei anderen Stadtteilen gearbeitet. An einem freien Abend (die waren äußerst selten. In NY war eher die 60h Woche in), zogen einige Freunde und ich zu den Brooklyn Heights los, direkt ans Ufer, East River, Brooklyn Bridge. Und da waren sie. Die Lichter der Stadt. Alles erleuchtet. Getroffen von der Schönheit. Aber auch der Komplexität von Licht. Alles hell - und doch ist es Innen auch mal dunkel. Die Stadt ist erleuchtet, doch erlebt jeder seine eigene individuelle Dunkelheit. Düstere Momente in der eigenen Geschichte. Eine verdunkelte Seele. Da ist es egal ob New York SoHo oder Manhatten oder New York Bronx oder Brooklyn. Egal auf welcher Seite des Flusses oder an welchem Ufer man steht. Ich vermute, dass unsere Menschenseele, egal wo sie wohnt, diese dunklen Zeiten kennt. Ich weiß noch, dass ich damals dachte: „Wow, so viel Licht und doch ist hier so viel individuelle Dunkelheit und Isolation. Ist das hier, dieses Lichtermeer vielleicht nur Schein?“ In einem sozialdiakonischen Job wie damals, lässt sich die dunkle Seite, das Düstere und Kranke einfach nicht ausklammern. Und vielleicht auch nicht nötig?
Szenenwechsel zu einer Familie mit einem zwei Tage altem Baby. Die starke Mutter sieht fertig aus. Vater auch. Großer Bruder futtert Kekse und Äpfel. Du bringst vielleicht 'ne
leckere Lasagne oder Käsespätzle vorbei... Hast du dir schon mal ein nigelnagelneu-geborenes Kind genau angeschaut? Über seine mögliche "Zerknittertheit" hinaus geblickt?
Ich finde, die kleinen Menschen leuchten. Die Kinder haben so einen „natural glow“ - für den Douglas u.ä. Millionen ausgeben würden. Ein natürliches Leuchten, von Innen heraus. Als säße da so ein
kleiner Leuchtball unter der Haut, der durchschimmert. Leuchtet. Strahlt. Wir Erwachsenen wünschen uns das ja manchmal so. Ich versuche irgendwie schön zu sein. Natürlich. Und
Schön. Es gibt unzählige Glow-Make-Up Ideen. Mindestens vier Puder, Sticks und Pens liegen bei mir herum, mit Gold-, Rosé- und Glitzerelementen. Doch strahle ich nie
so wie Madita. (Die ist eins und schläft gerade). Was wir uns wünschen und nie so hinkriegen, haben die Kinder, wenn sie zur Welt kommen. Ich nenne es mal den „Ewigkeitsglow“
„Ewigkeitsleuchten“.
Sie scheinen durchlässiger zu sein. Als unsere Wind und Wetter bestandene Erwachsenenhaut. Unsere Haut ist dicker. Soll sie ja werden. Wird uns doch so beigebracht, oder? Lieber nicht zu
verletzlich oder zu dünnhäutig bleiben...
Eine jüdische Chirurgin, Rachel Naomi Remen, schreibt in einer ihrer Geschichten von Angst und Vergangenheit. Von den Werten unserer Eltern und wie wir manchmal ohne es zu
wollen, deren impliziten Ängste und Sorgen mit uns herum tragen... Sie erzählt von einem Armband, dass sie von einer Therapeutin geschenkt bekommt. An dem Armband hängt ein kleines silbernes
Plättchen, mit den Buchstaben: C L E A R.
Seit ich vor Jahren diese Geschichte gelesen habe, begleitet mich „CLEAR“. Begleitet mich zeitweise als kleines Medaillon am Arm durch die Tage.
CLEAR hat unzählige Übersetzungen und bedeutet: klar, rein, heiter, durchschaubar, frei von, übersichtlich, offensichtlich, hell und licht.
Da ist es wieder, das Licht. Aber klein geschrieben: licht sein. Man kann also licht sein. Durchlässiger werden. Lichter werden. Die ultimative Bedeutung von clear
beschreibt Frau Remen als "vollkommene Durchlässigkeit von Licht".
Eine wichtige Frau in meinem Leben, schon etwas älter, zeigt mir bei gemeinsamen Spaziergängen gerne ihre Lieblingslichtung. Ja, sie hat eine Lichtung, die ihr sehr lieb ist. Wiese, viel Nadelwald drumherum. Aber eben in der Mitte, diese freie Wiese. Grüner „Freiraum“, wohin die Sonne scheint und das Licht durchgelassen wird. So wurde sie, diese stinknormale grüne Wiese irgendwo in Bayern zu einer Lichtung. Sogar einer Lieblingslichtung.
Ich wünsche mir lichter zu werden. Lichtdurchlässiger, dass andere das Leuchten und den "inneren goldenen Kern" (Zitat von NASIM, Sing- und Songwriter) sehen können und
angestrahlt werden. Dass ich, wie diese Wiese, eigentlich auch nichts dazu tun kann, außer den Freiraum, die Weite zu geben, dass das Licht leuchtet. Dass die Sonne durchstrahlt. Und sowohl mich
als auch meine Nahen anstrahlt.
Vielleicht brauchen wir Erwachsenen wieder ein Leben lang, um klar und durchlässig zu werden?
Vielleicht brauchen wir Zeit, um klar zu werden und klarzukommen?
Kennst du diese Spannung "lichter" und trotzdem nicht zu verletzlich und verletzbar zu werden?
Am Ende meiner Yogastunden verneige ich mich gerne. Vor dem Licht, der Herrlichkeit, dem goldenen Kern in meinem Gegenüber und vor dem eigenen.
Namasté. I bow to you.
eva
Nasim: https://www.facebook.com/nasim.kh.965
Bild: Ausschnitt von Karte www.bhaktigifts.com
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