vielleicht ein abendgebet

Am Ende eines Tages werde ich müde. Besonders jetzt. Dunklere und kürzere Tage sind an der Zeit. Meine Kraft scheint Ende des Jahres ruhiger, stiller und vielleicht auch substantieller zu werden. Eine etwas andere Qualität meiner Kraft. Eine ruhige Kraft, eine auf das wichtige konzentrierte Kraft. 

Manchmal hilft mir abends ein Gerüst für meinen müden Kopf, für mein Herz. Mich anzulehnen an vor-gedachte und vor-gefühlte Worte. Mich "reinzukriechen" ohne zu viel kognitive Leistung. Hier eins meiner "Gerüste":

 

Meine großen Erwartungen

bringe ich

am Ende diesen Tages

zurück zu Dir

Meine Sehnsucht nach Mehr

nach Erleben, nach Erfüllung

bringe ich zu dir

Meine Enttäuschungen lege ich ab

gebe sie los

lasse mein Herz leichter werden
lege mich

zu deiner Ruhe

kuschel mich unter deine Decke des Friedens

 

sich bergen
und geborgen werden

hier, wo du meine Träume bewahrst

meine Gedanken und meinen Körper bewachst.

 

In den friedlichen Stunden der Nacht

will ich mir Erholung schenken lassen.
In den friedlichen Stunden der Nacht
möchte ich mein Morgen bei dir lassen.

In deine Arme lasse ich mich

jetzt

sinken.

In deiner Nähe schlafe ich ein,

Dir vertraue ich mein Leben an

heute Nacht.

 

Das war es. Das war mein Heute. 

  

 

Manchmal genügt es, abends ein Gebet anderer mit zu beten. Geliehene Worte, die ich mitspreche. Denen ich meine Stimme gebe. Manchmal bete ich diese Zeilen mit meinem Sohn. Und das genügt vollkommen.

 

Abend ward

Bald kommt die Nacht

Schlafen geht die Welt.

Denn sie weiß, es ist die Wacht

Über ihr bestellt.

 

(Von R.A. Schröder, 1878-1962)

 

 

 

 


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