So begann heute mein Morgen:
Nach dem Kinderanziehen, mich duschen, Haare irgendwie, un-durchkämmbar mittlerweile an vier Tagen die Woche, macht es einen Knall gemischt mit einem plätschernden Geräusch - und meine Tochter
sitzt in der Küche am Esstisch auf ihrem quietschroten Stokkestuhl,- lächelnd- und sagt nur „oh neeein“ hält ihre kleinen Hände vor den Mund. Mein Sohn kommt dazu, und sagt: „oh nein, nich' schon
wieder“. Schon wieder.
Aufregen hilft nichts, denke ich mir schnell und begrüße lautstark diese fast allmorgendliche Routine (außer, dass sie sonst Plastikschüsseln zum Frühstück hat). Willkommen kaputt, meditiere ich
laut vor mich hin. Alle lachen. Die Kleine wiederholt „putt, putt“, der Kleine sagt "hä, Mama?". Und ich wische Müslireste, Milch und Naturjoghurt in mintgrünen Keramikscherben zusammen. Freue
mich, dass „willkommen kaputt“ funktioniert und es doch gar nicht außerordentlich schlimm war, dieses „Unerwünschte“ - diese „Unwillkommene“ „dieses Nervende“ willkommen zu heißen. So wie es
Johanna vor 2 Wochen geschrieben und geübt hat. Genaugenommen waren es nur zwei Worte laut ausgesprochen.
Geholfen hat laut zu werden. Nicht im aggressiven genervten Sinne, wie es mir schon öfters mal passiert, sondern laut verbalisieren. Dem Ganzen einen Ausdruck verleihen. Die Scherbenaktion hat
eine Stimme bekommen und alle mussten lachen. Ich habe einen Wortraum eröffnet. Den haben wir gemeinsam mit Lachen und Müsliresten, Wortfetzen und Sprechenlernen gefüllt.
Könnte es sein, dass ich in der Resonanz, in dem Wortraum lerne, mein Leben ganzer und voller zu leben und zu lieben. In dem Gegenüber, das ich in meinen Kindern habe, in dem Gegenüber, das mir
die Worte sind? Meine Kinder werfen jeden Tag Plastikgläser um und die eine oder andere Müslischale war auch schon dabei. Auch ein schöner Teller mit zartem Blumenmuster und Goldrand von meiner
Oma, ein Teeteller aus Rheinland-Pfalz...
Was fällt in deinem Alltag so runter? Was zerbricht?
Welche Worte fallen, die in dir etwas bröckeln lassen? Wo langsam ein Riss entsteht?
Wie wäre es mit einem herzhaften „willkommen kaputt“?
In genau diesen Situationen, in denen es so unzählig viele Reaktionsmöglichkeiten gibt.
Wie wäre es, diese zwei Worte laut auszusprechen? Ihnen Stimme verleihen, und ihnen einen äußeren Raum geben, auf dass sie auch in deinem Inneren Raum gewinnen. Und dein Herz eventuell, ganz leise, deiner Stimme nachspricht; „willkommen kaputt“ - flüsternd. Ist ok. "Hi Narbe und hallo Schürfwunde. Du bist da und ich kümmer' mich drum."
Die Worte eines weisen Paters (Meinrad Dufner) begleiten mich schon seit einigen Monaten:
"Gebet ist der Vorgang, sich zu bergen, ... wie in Kindertagen. Denn fortwährend empfängt der Mensch Wunden. Unterwegs kann es gar nicht anders zugehen. Also bedarf das Leben ständig einer
Sprache, die auslotet, es braucht Worte, die schützen oder Heimat geben oder einen Ausweg zeigen." Er spricht hier von den alten Liedern und Gedichten der Bibel. Den Psalmen. Zum
"Hereinkriechen".
Vielleicht mein Gebet heute:
"Willkommen kaputt."
Und deins?
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Ruth (Sonntag, 22 September 2019 15:10)
Eva, was für eine wundervolle Sichtweise. Ich mag, wie du schreibst! Liebe Grüße