Dennoch - Hoffnung

Sind es nicht oft die kleinen Wunder, die uns am Leben erhalten oder vielleicht besser: die unsere Hoffnung am Leben erhalten? Die schöne, grüne Hoffnung, die mit dem unverschämt großen Lächeln und den Strahleaugen. Die mit ihren verrückten Krauselocken jedem Wetter trotzt und dem Leben so oft, so frech die Zunge rausstreckt. Ach, was wären wir nur ohne dich? Bella Esperanza. Beautiful Hope. Güzel Umut. Du schöne, schöne Hoffnung.

 

Also werde ich euch meine Geschichten der Hoffnung erzählen. Kleine Wunder im Corona-Alltag. Was mich gerührt hat letzte Woche zum Beispiel, da war ich bei der Post, die hatte zu und ich also mit dem schweren Paket wieder ab nach Hause und da sehe ich sie. Eine alte Dame, sehr alt, bestimmt schon um die 90. Sie läuft an einer Metzgerei vorbei und sieht, dass davor ein Kinderwagen steht - inklusive schreiendem Baby. Die Mutter sicherlich in der Metzgerei, zu der vier Stufen hochführen. Also geht die Alte zu dem Kinderwagen und schaukelt das Kind hin und her. Und spricht ganz freundlich mit ihm. Mich rührt diese Szene irgendwie. Da nimmt sich eine Zeit. Läuft nicht einfach weiter. Bleibt stehen. Schenkt ein bisschen Lebenszeit, von der sie nicht mehr viel hat. Übernimmt Verantwortung für eine Fremde. Ich bleibe noch ein bisschen stehen, das Schreien wird immer leiser. Dann laufe ich glücklich weiter. Glücklich über diese Neunzigjährige mit dem gütigen Lächeln vor der Metzgerei.

 

Ein paar Tage später dann erhalte ich eine Nachricht von einer syrischen Familie. Der kleine Sohn, erste Klasse kann nur teilweise am Ersatzunterricht teilnehmen, denn die Familie hat keinen Laptop und vieles läuft eben über Onlineunterricht. Es braucht nur eine kurze Nachricht an ein paar Leute, ob jemand bereit wäre, einen Laptop oder ein Tablet zu spenden. Zwei Tage später besitzt die Familie ein Tablet, weil jemand bereit war, seins (in diesem Fall ihres) herzugeben. Am Montag erhalte ich einen überglücklichen Anruf von einer überglücklichen Mutter, die jetzt eine Sorge weniger hat.

 

Und dann gestern. Mein Mann verschenkt über ebay Kleinanzeigen eine Jeans. Eine Frau am anderen Ende von Deutschland nimmt sie gerne, mein Mann schickt sie los. Dann die Nachricht, sie passt ihrem Freund perfekt und da es ihnen gerade finanziell nicht gut gehe, sei sie genau zur richtigen Zeit gekommen. Mein Mann nimmt allen Mut zusammen und schreibt der Unbekannten, ob er ihr vielleicht ein bisschen Geld schicken darf. Einfach so, weil wir Familie Mensch sind, kann man ja mal machen. Und sie antwortet, dass sie das Geld gerne annehmen würde und dass sie berührt sei, wie Gott sie gerade in der Krise versorgt. Mein Mann schickt ihr das Geld und schreibt dazu, dass auch wir an Gott glauben.

 

Es gibt sie die kleinen Wunder im Alltag. Sie machen mir Hoffnung.

 

Und dann natürlich letzte Woche eine 22-Jährige, Amanda Gorman, die bei Joe Bidens Amtseinführung ein Gedicht über ihre Hoffnung vorträgt. Black power. Black hope. Und ein neuer Präsident, der dem Pariser Klimaabkommen und der WHO wieder beitritt. Der den Bau der Mauer an der mexikanischen Grenze stoppt. Ich bekomme Hoffnung. Viel Hoffnung.

 

Hoffnung, weil die Alten noch immer nach den Jungen schauen.

 

Hoffnung, weil es noch immer Menschen gibt, die gerne von ihrem Viel etwas abgeben.

 

Hoffnung, weil people of colour endlich eine Stimme bekommen.

 

Hoffnung, weil es doch noch Politiker gibt, die mit Verstand und Gewissen regieren.

 

Hoffnung, weil es noch immer viele gibt, die sich daran erinnern, dass wir eben Familie Mensch sind.

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Vielleicht hatte sie recht, als sie sagte, die Hoffnung stirbt zuletzt.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Schaffi (Freitag, 26 Februar 2021 00:39)

    Ich liebe deine kleinen feinen lindgrünen Hoffnungsgeschichten.....
    sie machen mich fröhlich, achtsam für meine hopestories im Alltag und beflügeln mich
    Danke��